Christoph Breitsprecher stellt in seiner Bachelorarbeit im Studiengang Informationsmanagement an der Hochschule Hannover ein paar nützliche WordPress-Plugins für Gamification vor. Das WebLab hat seine Arbeit als „BestOf Bachelor„ in einem kurzen Beitrag veröffentlicht. Wir wollen hier etwas genauer hinschauen und ein paar Aspekte aus Christophs Bachelorarbeit aufgreifen.
Was ist Gamification überhaupt?
In der Einleitung erklärt Christoph Gamification mit eigenen Worten wie folgt:
„Gamification ist ein Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger vorkommt. Es ist eine Technik, die benutzt wird, um das Engagement von Menschen zu fördern und sie für produktive Aufgaben zu begeistern. Ein Beispiel für erfolgreiche Gamification kann man in der Erziehung finden: Das Kind erledigt Hausaufgaben. Die Mutter gibt ihrem Kind für jede erledigte Aufgabe eine Schokolinse. Es ist motiviert und löst die Aufgaben sehr schnell. Bei der Kontrolle fallen der Mutter Fehler auf. Sie sagt ihrem Kind, wenn es zwei Fehler findet und verbessert, bekommt es jeweils zwei Linsen. Das Kind behebt die Fehler voller Vorfreude auf die Belohnung. Eine ansonsten unattraktive Tätigkeit wird damit zum motivierendem Spiel. Gamification kann nicht nur helfen, Lerninhalte spannend zu gestalten, wie z.B. bei Duolingo, einer Sprachen-Lern-Applikation, sondern wird auch in Social Media, Militär, Marketing und im Gesundheitswesen genutzt.
Spielen macht Spaß und motiviert ständig, sodass die Menschen auch viel Zeit damit verbringen wollen – egal ob beim Fußballspiel, Brettspiel oder Computerspiel. Diesen Vorteil machen sich auch Webseiten und Applikationen zum Nutzen, indem sie dynamischer und interaktiver gestaltet werden. Sie sind mit Gamification-Mechanismen designt, um damit die Nutzerbindung zu steigern. Potentielle Teilnehmer werden durch Ranglisten, Quests, Fortschrittsanzeigen und ähnliche Rückmeldungen inspiriert und herausgefordert sich zu beteiligen. Gamification Plugins können helfen, WordPress-Webseiten aufzuwerten, indem Interaktionen belohnt werden und die Nutzer sich dadurch länger mit den Inhalten auseinandersetzen.
Die Arbeit untersucht im Rahmen einer Evaluation die Möglichkeiten, in WordPress Gamification-Mechaniken mit Hilfe von Plugins nutzbar zu machen und festzustellen, wie diese Plugins eine gewisse Vielfalt dieser Mechanismen aufgreifen, um damit das Engagement der Nutzer zu fördern und zudem, ob sie kostenschonend und einfach zu konfigurieren sind.“
Interaktion als Taxonomie
Eine Gemeinsamkeit ist bei Spielen und Websites besonders auffällig: Interaktion ist von enormer Bedeutung. Christoph schreibt dazu:
„Spieler können auf virtueller Ebene untereinander handeln, sich bekämpfen oder gemeinsam Aufgaben bestreiten. Wie auch das Internet fördern Computerspiele die Interaktionen zwischen den Menschen.“
Um Interaktionen der Nutzer*innen im Web und z.B. in WordPress durch Gamification-Mechanismen belohnen zu können, brauchen wir am besten einen strukturierten Überblick darüber, welche Interaktionen es überhaupt gibt. Zum Glück gibt es hierzu schon Vorarbeiten, auf die Christoph zurückgreifen kann. Steinberg und Ullmann haben 2010 eine Interaktionstaxonomie entworfen, die sich genau dieser Fragestellung annimmt:
Christoph setzt die Interaktionstaxonomie in seiner Bachelorarbeit wie folgt ein:
„Die Taxonomie soll, in Verbindung mit den Erkenntnissen über motivierende Spielemechaniken, eine Grundlage der Interaktionsmöglichkeiten für die Evaluation der Gamification-Plugins für WordPress bieten.
Die Idee ist, dass das Gamification-Plugin möglichst viele Interaktionen mit Hilfe spieletypischer Elemente aufgreift und die Teilnehmer entsprechend belohnt. WordPress Webseiten, wie etwa das hochschuleigene WebLab, leben von den Interaktionen der Teilnehmer, die die Inhalte bereitstellen, kommentieren und bewerten. Die Evaluation wird zeigen, wie die Plugins die Interaktionsmöglichkeiten aufgreifen. Die Interaktionstaxonomie bietet eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Übersicht über Interaktionen, die belohnt werden können.
Die Taxonomie begründet sich auf zwei Kriterien.
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- Zum einen werden die Interaktionen durch ihr Gegenstück klassifiziert:
Der Nutzer kann mit einer Ressource, mit anderen Nutzern oder mit beiden interagieren. - Zum anderen wird geschaut, was der Nutzer mit der Ressource macht und welche Arten von Kommunikation zwischen den Nutzern möglich sind.
- Zum einen werden die Interaktionen durch ihr Gegenstück klassifiziert:
Ressourcen können dabei alle virtuellen Objekte sein, die in die Beiträge eingebunden werden können, z.B. Videos und Bilder. Sie werden erstellt, bearbeitet, bewertet und betrachtet.
Die Art der Kommunikation teilt sich in eine einseitige (One-way) und in eine zweiseitige (Two-way), und folgt damit dem Shannon-Weaver-Kommunikationsmodell des Senders und Empfängers.“
Gamification und WordPress
In Kapitel 3 seiner Bachelorarbeit legt Christoph Anforderungen an mögliche Gamification-Plugins für WordPress und eine Testumgebung fest:
„Das Gamification-Plugin soll Interaktionen der Nutzer und Contentersteller belohnen. Die Anforderungen werden durch die folgenden Leitfragen definiert: Welche Interaktionen können durch das Plugin gamifiziert werden? Und welche Mechaniken werden dazu genutzt? Es wird angenommen, dass die Interaktionen auf den verschiedenen WordPress-Webseiten ähnlich sind. Das WebLab ist eine WordPress-Webseite, die durch die Interaktionen der Besucher und Contentersteller an Wert gewinnt und daher ist die zur Verfügung gestellte Kopie des WebLabs als Testumgebung sehr gut geeignet. Es wird untersucht, wie das Plugin Punkte, Erfolge, Ranglisten und Level – also die Gamification-Mechaniken handhabt. Zudem wird auch festgestellt, wie gut das Plugin mit den Herausforderungen des Onboardings und der Engagement Loops umgehen kann.“
Nach ausführlichen Erläuterungen der Anforderungen (Details dazu in Christophs Bachelorarbeit) folgt in Kapitel 5 das Testen und die Evaluation von fünf WordPress-Plugins für Gamification-Mechanismen:
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- GamiPress
- myCRED
- BadgeOS
- WordPoints
- CubePoints.
„Ein Gamification-Plugin erfüllt die angelegten Kriterien am besten, indem es möglichst umfangreich Interaktionen mit Hilfe von Mechaniken und Techniken des Spiele-Designs fördert und belohnt, um somit das Engagement und Re-Engagement der Nutzer zu maximieren. Zudem sind eine einfache Einrichtung sowie Handhabung und möglichst keine Kosten von Vorteil.“
Auswertung
„In der Auswertung der Plugins fallen Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. Jedes Plugin hat eine Möglichkeit, ein Punktesystem einzurichten. Wie man auch Tabelle 4: Plugin-Mechaniken entnehmen kann, verzichten 2 von 5 Plugins auf Achievements. Nur ein Plugin bietet keine Ranks und zwei keine Leaderboards kostenlos oder generell an. Allerdings ohne Ranglisten und nur mit Punkten und Badges geht Wettbewerbsfähigkeit verloren, die sonst ein wichtiger Motivationsfaktor für einige Teilnehmer sein kann.
Tabelle 5: Auswertung Interaktionen listet alle Interaktionen auf, die durch die jeweiligen Plugins belohnt werden können. Der Fokus der Gamification-Plugins liegt beim Belohnen der Anmeldung, dem Editieren von Inhalten und dem Kommentieren. Das Erforschen der Spiel-Mechaniken und ihrer Möglichkeiten durch die Teilnehmer ist grundsätzlich eine Mensch-Maschine-Interaktion der Kategorie Explore. Feedback wird über Fortschrittsanzeigen an die Teilnehmer weitergegeben. Daraus resultieren weitere Interaktionen, die dann auch zwischen den Teilnehmern entstehen können. Gamification verbindet deshalb spielerisch die beiden Interaktionstypen Mensch-Maschine und Mensch-Mensch.
Des Weiteren weist nur ein Plugin eine Bewertungsmöglichkeit für Inhalte auf, die anderen konzentrieren sich mehr auf das Erledigen von Aufgaben und Sammeln von Punkten und haben keine Möglichkeit Autoren und ihre Inhalte zu bewerten.
MyCRED belohnt als einziges Plugin das Anklicken von Links. Abschließend ist anzumerken, dass kein Plugin mit seinen Mechaniken einseitige Nutzerinteraktionen gamifiziert.“
Besonderheiten
„Besonderheiten sind Plugin-Merkmale, die außerhalb der Kriterien für GamificationPlugins liegen, die vorhandenen aber unterstützen können. Außerdem heben sie die Einzigartigkeit des jeweiligen Plugins hervor.
BadgeOS
Nominierungen und Submissions können bei BadgeOS eingerichtet werden. Das Plugin hat einen Badge Builder.
CubePoints
Benutzerdefinierte Module können entworfen werden. Vorhandene Module sind alle kostenfrei.
Nachteile von CubePoints:
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- Es ist keine Dokumentation vorhanden.“
- CubePoints wurde leider seit mehreren Jahren nicht aktualisiert und wurde nicht mit den neuesten WordPress-Versionen getestet. Das ist eigentlich ein Auskriterium für ein WordPress-Plugin oder Software allgemein. Da es bei Christophs Tests dennoch funktioniert hat und viele gute Funktionalitäten aufweist, geben wir CubePoints eine Chance. Vielleicht kommt bald ein Update.
Fazit
„Als Fazit ergibt sich, dass jedes getestete Gamification-Plugin im Detail bei der Interaktionsvielfalt und bei den Spiel-Mechaniken unterschiedliche Anforderungen erfüllt. Daher sollte sich die Plugin-Wahl nach den eigenen Bedürfnissen der Plattform richten.“
GamiPress, MyCRED und CubePoints sind die Gamification-Plugins für WordPress mit den meisten Funktionalitäten. CubePoints kann leider aktuell nicht mit gutem Gewissen weiterempfohlen werden, da es zu lange nicht aktualisiert wurde, keine Doku vorhanden ist und fraglich ist, ob die Entwickler noch nachziehen.
Viele weitere Einzelheiten, die wir hier im Beitrag einfach unterschlagen haben, finden Sie in der pdf-Version von Christophers Bachelorarbeit: „Evaluation von Gamification-Plugins für WordPress„.
Im WebLab werden wir GamiPress demnächst in unserer Produktivumgebung installieren und im Livebetrieb testen.
Klar ist allerdings auch, dass Gamification-Mechanismen allein nicht ausreichen, um Nutzer*innen zu anhaltender Interaktion auf der eigenen Website zu bewegen. Ohne gute Inhalte und eine solide Content-Strategie wird auch mit Gamification niemand lange bleiben, interagieren oder wiederkommen. Nicht Jeder ist ein Freund von Punktesystemen oder Ranglisten und bei Gamification scheiden sich oft die Geister. Gamification ist kein Wundermittel für mehr Interaktion und Motivation. Aber Gamification kann als Extra „on top“ für bestimmte Zielgruppen auf jeden Fall eine Bereicherung sein.
Kennen Sie noch weitere Gamification-Plugins für WordPress, die wir uns mal anschauen sollten?
Danke für Ihre Zeit <3
Quellen und Links
Breitsprecher, Christoph.„Evaluation von Gamification-Plugins für WordPress„, Bachelorarbeit, 2018. (pdf-Datei)
Erstgutachter: Prof. Dr.-Ing. Monika Steinberg
Zweitgutachter: Prof. Dr. Thomas Schult
Anmerkung: Christoph hat in den Quellenangaben zu Sebastian Deterding einen Buchstaben im Nachnamen verschluckt. Wir wissen aber trotzdem, wen er meint.
Steinberg, Monika, J. Brehm, and N. Ullmann. “A Social Interaction Taxonomy: Classifying User Interaction Tasks in Web Applications.” In Proc. DigitalWorld 2011, International Conference on Mobile, Hybrid, and On-Line Learning (ELmL), 25–30, 2010.
GamiPress: The easiest way to gamify your WordPress website, for free, 2019.
myCRED: A free points management plugin for WordPress, WooCommerce and much more, 2019.
WordPoints: Points management. Rewards program. Reputation tracker, 2019.